SteuerNews

Bei der Berechnung der Gewerbesteuer muss der Gewinn aus Gewerbebetrieb um bestimmte Hinzurechnungen erhöht werden, um zuvor abgesetzte Beträge gewerbesteuerrechtlich teilweise wieder zu neutralisieren. Hinzurechnungen sind nach dem Gewerbesteuergesetz (GewStG) beispielsweise für Entgelte für Schulden vorzunehmen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass es für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bei der Hinzurechnung von Schuldzinsen keine dem Bankenprivileg vergleichbare Ausnahme gibt.

Geklagt hatte ein Rückversicherer, der die von ihm übernommenen Risiken zum Teil in Retrozession (Weiterrückversicherung) gegeben hatte. Dazu hatte er Rückversicherungsverträge abgeschlossen und den sogenannten Retrozessionaren Zinsen auf Depotverbindlichkeiten gezahlt. Das Finanzamt erfasste die Zinsen als Entgelte für Schulden und rechnete sie gewerbesteuerlich anteilig dem Gewinn hinzu.

Der BFH gab grünes Licht für dieses Vorgehen und entschied, dass Rückversicherungsunternehmen nicht der für bestimmte Erstversicherungsunternehmen geltenden Verpflichtung unterliegen, ein dem Zugriff Dritter entzogenes Sondervermögen zu bilden. Schon aus diesem Grund können sie sich nicht auf die darauf gestützte Ausnahme von der Hinzurechnung der auf Bardepots gezahlten Zinsen berufen. Eine allgemeine, dem sogenannten Bankenprivileg vergleichbare Hinzurechnungsausnahme gibt es für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nicht.

Ferner existiert nach Gerichtsmeinung kein allgemeiner (ungeschriebener) Rechtsgrundsatz, dass bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags steuerliche Doppelbelastungen zu vermeiden sind. Der BFH erklärte weiter, dass es sich im vorliegenden Fall auch nicht um durchlaufende Kredite gehandelt habe; eine Saldierung mit erhaltenen Zinsen auf Depotforderungen kam nicht in Betracht. Auch lag kein mit dem Cash-Pooling vergleichbarer Fall vor. Die Rechtsprechung zur Bewertungseinheit oder zu Swaps war ebenfalls nicht einschlägig.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Gewerbesteuer

Der Beginn eines neuen Schuljahrs kann für Eltern finanziell herausfordernd sein - die Kosten für Schulbücher oder andere Schulmaterialien wie Stifte und Hefte können die Haushaltskasse kräftig strapazieren. Laut den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) lagen die Preise für Lehr- und Schulbücher im Juni 2025 um 3,8 % über denen vom Juni 2024. Damit sind diese Produktpreise stärker gestiegen als die Verbraucherpreise insgesamt, die sich im selben Zeitraum "nur" um 2 % erhöhten.

Eltern sollten wissen, dass sie die Ausgaben für Schulbücher und Lernmaterialien leider nicht von der Steuer absetzen können. Derartige Ausgaben sind bereits mit dem Kindergeld und dem Kinderfreibetrag sowie dem Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf abgegolten.

Absetzbar ist lediglich das Schulgeld, das für den Besuch einer Privatschule gezahlt werden muss. Zwar lassen sich auch beim Besuch einer Privatschule durch das Kind die Kosten für Schulbücher und andere Materialien nicht absetzen, jedoch können die Gebühren für die Schule unter bestimmten Voraussetzungen mit jährlich 30 % der Kosten (maximal 5.000 EUR) als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung dürfen aber nicht abgesetzt werden - nur das reine Schulgeld wird vom Finanzamt anerkannt.

Information für: alle
zum Thema: Einkommensteuer

Wenn man ein Familienheim erbt, kann dies unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei sein. Unter anderem muss der Erblasser vorher darin gewohnt haben und der Erbe innerhalb einer angemessenen Zeit - in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall - in das Haus einziehen. Aber was ist, wenn man nicht in das Haus einziehen kann, weil bereits jemand aufgrund eines Wohnrechts darin wohnt? Muss der Erbe, da ihm ein Einzug innerhalb dieser Frist nicht möglich ist, das Familienheim dann versteuern? Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) musste in einem solchen Fall entscheiden.

Der Kläger erbte von seinem Vater unter anderem das Einfamilienhaus, das der Vater bis zu seinem Tod mit der Mutter des Klägers bewohnt hatte. Im Testament ordnete der Vater als Vermächtnis ein lebenslanges Wohnrecht für seine Ehefrau an. Nach seinem Tod lebte diese auch weiterhin in dem Haus. Im Juni 2022 musste sie dessen Nutzung aber aus Gesundheitsgründen aufgeben und zog in ein Pflegeheim. Daraufhin begannen der Kläger und seine Ehefrau mit der Sanierung des Hauses und zogen nach deren Abschluss Ende 2023 in das Haus ein. Das Finanzamt versagte die Steuerbefreiung, da die Selbstnutzung nicht unverzüglich, sondern erst nach Ablauf von sechs Monaten erfolgt sei.

Die Klage vor dem FG war erfolgreich. Die Steuerbefreiung für das Familienheim war zu gewähren. Zwar verlangt das Gesetz eine unverzügliche Selbstnutzung - in der Regel innerhalb von sechs Monaten -, wovon im Einzelfall aber abgewichen werden kann. In einem solchen Fall liegt die Beweislast beim Erben. Die Frist beginnt auch erst zu laufen, wenn der Erbe rechtlich in der Lage ist, das Objekt selbst zu nutzen. Solange seine Mutter ihr Wohnrecht ausübte, war der Kläger an der Selbstnutzung gehindert. Erst mit dem Umzug der Mutter ins Pflegeheim fiel dieses Hindernis weg.

Die Kläger konnten hinreichend dokumentieren, dass sie sich ab diesem Zeitpunkt um eine Selbstnutzung bemühten (z.B. Anfragen bei Handwerkern, Renovierung trotz Lieferschwierigkeiten etc.). Dass der tatsächliche Einzug erst sehr viel später erfolgte, lag an den notwendigen und umfangreichen Renovierungsmaßnahmen, die keinen früheren Einzug ermöglichten.

Information für: Hausbesitzer
zum Thema: Erbschaft-/Schenkungsteuer

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die im Zusammenhang mit dem abgeltenden Einbehalt von Kapitalertragsteuer auf Dividenden an Drittstaatengesellschaften von Belang sind. Geklagt hatte eine japanische Kapitalgesellschaft, die in den Streitjahren 2009 bis 2011 verschiedene Dividenden von einer deutschen Kapitalgesellschaft bezogen hatte, deren alleinige Anteilseignerin sie war. Entsprechend den Vorgaben des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) wurde von den Dividenden jeweils 15 % Kapitalertragsteuer einbehalten. Dieser Steuerabzug hatte abgeltende Wirkung.

Aufgrund einer Änderung des japanischen Rechts wurde der Klägerin ab dem 01.04.2009 eine Steuerbefreiung in Höhe von 95 % des Dividendenbetrags gewährt. Die bis dahin nach DBA mögliche vollständige Anrechnung der deutschen Kapitalertragsteuer auf die japanische Körperschaftsteuer ging damit weitgehend ins Leere.

Da es bei der Körperschaftsteuerveranlagung deutscher Mutterkapitalgesellschaften, die Dividenden von deutschen Tochterkapitalgesellschaften beziehen, zur Anrechnung und gegebenenfalls Erstattung der Kapitalertragsteuer kommt, sieht sich die Klägerin durch den abgeltenden Kapitalertragsteuerabzug in ihrer Kapitalverkehrsfreiheit verletzt. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer sei ihr zu erstatten. Das Finanzgericht sah dies in erster Instanz anders und hatte die auf Erteilung von Freistellungsbescheiden gerichtete Klage abgewiesen.

Der BFH hält mehrere Rechtsfragen für unionsrechtlich zweifelhaft. Zentrale Frage ist nach Gerichtsmeinung zunächst, ob die Niederlassungsfreiheit die Kapitalverkehrsfreiheit als Prüfungsmaßstab verdrängt. Könnte sich die Klägerin auf die Kapitalverkehrsfreiheit stützen, ist zweifelhaft, ob durch den abgeltenden Kapitalertragsteuerabzug eine von der Bundesrepublik Deutschland verursachte Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt, da die im DBA unverändert vorgesehene Anrechnung der deutschen Kapitalertragsteuer auf die japanische Körperschaftsteuer nur wegen der innerstaatlichen japanischen Rechtsänderungen ins Leere läuft.

Außerdem will der BFH vom EuGH wissen, ob eine solche Beschränkung gerechtfertigt sein kann und ob im Fall einer unionsrechtswidrigen Beschränkung die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer davon abhängig gemacht werden darf, dass es dem Bundeszentralamt für Steuern möglich ist, die Angaben der Klägerin auf der Grundlage eines Informationsaustauschs mit den japanischen Steuerbehörden überprüfen zu können.

Hinweis: Es bleibt abzuwarten, wie sich der EuGH nun zu den vorgelegten Fragen positionieren wird. Gleichgelagerte Fälle sollten mit einem Einspruch offengehalten werden.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Körperschaftsteuer

Homeoffice war gestern, jetzt kommt Workation! Die Kombination aus Work (Arbeit) und Vacation (Urlaub) liegt im Trend. Wer bisher von zu Hause aus digital arbeitet, verlegt sein heimisches Büro in die Berge oder ans Meer. Viele Arbeitnehmer wünschen sich, ihre Aufgaben flexibel und ortsunabhängig erledigen zu können und in der anschließenden Freizeit schon direkt im Urlaub zu sein. Arbeitgeber, die diesen Benefit anbieten, werden als besonders attraktiv wahrgenommen. Doch es gibt einiges zu beachten, bevor eine Workation gebucht wird.

Bei beruflichen Auslandsaufenthalten ist für Arbeitnehmer steuerlich meistens die sogenannte 183-Tage-Regel relevant: Unterschreitet die Dauer der Auslandstätigkeit ein halbes Jahr, bleiben Arbeitnehmer weiterhin in Deutschland steuerpflichtig, wenn sich ihr Wohnsitz und ihr Arbeitgeber in Deutschland befinden. Die Lohnsteuer wird wie gewohnt durch den Arbeitgeber vom Gehalt abgezogen und abgeführt. Die 183-Tage-Regelung bezieht sich jedoch nicht nur auf Arbeitstage. Auch An- und Abreisetage, Wochenenden, Feiertage und Urlaubstage werden bei einigen Ländern mitgezählt.

Werden 183 Tage überschritten, wird es kompliziert, denn dann kommt auch das jeweilige Steuerrecht des Landes zum Tragen, in dem die Arbeit erbracht wird. In der Folge muss geprüft werden, welches Land wie viel versteuern darf, damit es zu keiner Doppelbesteuerung kommt. Bereits in der Planungsphase sollten die Arbeitsparteien daher unbedingt detaillierte und rechtssichere Informationen zu den länderspezifischen Regelungen einholen.

Sozialversicherungsrechtlich wird das Homeoffice im Ausland inzwischen als eine Entsendung des Mitarbeiters eingestuft. Das ist vorteilhaft, da die jahrzehntelang angewandten Regelungen für Auslandseinsätze auf die Workation übertragen wurden. Der Antrag auf Verbleib im Sozialversicherungssystem ist vor der Reise durch den Arbeitgeber bei der Krankenkasse des Arbeitnehmers zu stellen. Damit wird sichergestellt, dass Letzterer während der Workation-Zeit weiterhin im deutschen Sozialversicherungssystem bleibt.

Das ist aber nur möglich, wenn weniger als die Hälfte der jährlichen Arbeitszeit im Ausland erbracht wird und das Land Teil des multilateralen Sozialversicherungsabkommens ist. Dazu zählen neben den Ländern der EU auch die Schweiz, das Vereinigte Königreich, Norwegen, Island, Australien, Kanada, die USA, Brasilien, Uruguay, Chile, Indien, China, Japan, Korea, die Philippinen, Marokko und Tunesien.

Mit anderen Ländern bestehen entweder keine oder individuelle Vereinbarungen zur Sozialversicherung im Hinblick auf die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Für die Entsendung ins Ausland gilt dann eine verschärfte Regelung: Der Status in der deutschen Sozialversicherung bleibt nur aufrechterhalten, sofern maximal 25 % eines Kalenderjahres im Ausland gearbeitet wird. Darüber hinaus muss länderspezifisch geprüft werden, welche Regelung gilt.

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: Einkommensteuer

Können Zusammenschlüsse von Unternehmen Leistungen an ihre Mitglieder steuerfrei erbringen, ohne den Wettbewerb zu verzerren? Die hierzu vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Mehrwertsteuerbefreiung sogenannter Kostenteilungsgemeinschaften. Danach sind Leistungen eines Zusammenschlusses an seine Mitglieder von der Mehrwertsteuer befreit, wenn lediglich die tatsächlichen Kosten auf die Mitglieder umgelegt werden und keine Wettbewerbsverzerrung entsteht. Die Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof nahm in ihren Schlussanträgen insbesondere zu diesem Wettbewerbsaspekt Stellung.

Die beiden betroffenen spanischen Kostenteilungsgemeinschaften wurden gegründet, um eine gemeinsame Infrastruktur für Reinigungsdienstleistungen in Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen bereitzustellen. Externe Dienstleister organisierten das Personal, regelten Aufgabenverteilung, Gehaltsabrechnung, gesetzlich vorgeschriebene Schulungen sowie die Materialbereitstellung. Die Verträge mit diesen externen Dritten basierten auf deren für die Erbringung der Dienstleistungen erforderlichen Expertise und Ressourcen.

Die spanische Finanzverwaltung verweigerte die Steuerbefreiung, da die Leistungen nicht direkt von den Kostenteilungsgemeinschaften erbracht worden und nicht ausschließlich mit der steuerbefreiten Tätigkeit verbunden seien, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Die Generalanwältin stellte klar, dass ein gewisser Zusammenhang mit der steuerbefreiten Tätigkeit ausreichend ist, auch wenn die Leistungen nicht unmittelbar von den Zusammenschlüssen erbracht werden.

Die Steuerbefreiung solle Wettbewerbsnachteile kleinerer Unternehmen verhindern, die nicht über eigene personelle Ressourcen verfügten. Würden die Leistungen üblicherweise im Rahmen der steuerfreien Tätigkeit erbracht, liege keine Wettbewerbsverzerrung vor. Gleichzeitig betont die Generalanwältin, dass die Steuerbefreiung nicht zweckwidrig angewendet werden darf. Hinweise für eine zweckwidrige Nutzung seien Leistungen an Nichtmitglieder oder nicht auf die Bedürfnisse der Mitglieder zugeschnittene Leistungen.

Hinweis: In Deutschland wurde die europäische Regelung bereits zum 01.01.2020 vollständig umgesetzt, so dass Personenzusammenschlüsse Leistungen steuerfrei an ihre Mitglieder erbringen können, sofern diese auf Selbstkostenbasis erbracht werden, der Ausführung steuerfreier Tätigkeiten dienen und keine Wettbewerbsverzerrung entsteht. Ein Vorsteuerabzug seitens des Zusammenschlusses ist ausgeschlossen. Die Umsatzsteuer wird anteilig auf die Mitglieder umgelegt, die die Kosten wirtschaftlich tragen.

Information für: Unternehmer
zum Thema: Umsatzsteuer

Kann ein Unternehmer die Umsatzsteuerbefreiung seiner Leistungen nicht aus dem nationalen Umsatzsteuerrecht herleiten, dann sollte er von seinem steuerlichen Berater prüfen lassen, ob sich die Befreiung möglicherweise unmittelbar aus dem Unionsrecht ergibt (Anwendungsvorrang). Dass dieser Weg erfolgreich sein kann, zeigt der Fall eines Präventions- und Persönlichkeitstrainers, der die Umsätze aus seinen Konfliktpräventionskursen an Schulen für das Jahr 2010 umsatzsteuerfrei gestellt haben wollte.

Das deutsche Umsatzsteuerrecht hatte keine Umsatzsteuerbefreiung vorgesehen, weswegen der Trainer im Besprechungsfall direkt auf die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie verwies. Konkret berief er sich auf eine Regelung des Unionsrechts, nach der die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen steuerfrei zu stellen sind.

Der BFH erkannte ihm die Steuerfreiheit zu und erklärte, dass die Präventionskurse von der unionsrechtlichen Steuerbefreiung erfasst gewesen seien, da es sich um eng mit der Erziehung von Kindern und Jugendlichen verbundene Dienstleistungen gehandelt habe. Maßgeblich war für das Gericht, dass sie der geistigen und sittlichen Entwicklung der Kinder dienten und zur Willens- und Charakterbildung beitrugen. Die Kurse entsprachen damit dem Begriff der Erziehung als Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Werten.

Hinweis: Ferner war der Trainer nach EU-Recht als Einrichtung mit einer (den Erziehungseinrichtungen des öffentlichen Rechts) vergleichbaren Zielsetzung anzuerkennen, da die Gesamtheit seiner unternehmerischen Zielsetzung auf die Erziehung von Kindern ausgerichtet gewesen war.

Information für: Freiberufler
zum Thema: Umsatzsteuer

Wenn man einen Bescheid vom Finanzamt bekommt und der Meinung ist, dass dieser nicht korrekt ist, erhebt man zuerst Einspruch. Hier kann man dem Finanzamt darlegen, weshalb man glaubt, dass der Bescheid fehlerhaft und daher "beschwert" (für einen ungünstig) ist. Sollte man hier zu keiner einvernehmlichen Entscheidung kommen, steht als nächste Möglichkeit eine Klageerhebung im Raum. Hier kann dann das Gericht beide Seiten anhören und ein Urteil zu dem Sachverhalt fällen. Im Streitfall musste das Finanzgericht Münster (FG) erst entscheiden, ob der Kläger auch wirklich berechtigt ist, Klage zu erheben. Das Finanzamt bezweifelte dies, da der Kläger nicht beschwert sei.

Der Kläger übertrug im Laufe des Jahres 2022 ein Grundstück auf seine Tochter. Der Rechtsträgerwechsel wurde im Grundbuch eingetragen. Am 31.03.2023 erging gegenüber dem Kläger ein Bescheid auf den 01.01.2022 über die Feststellung des Grundbesitzwerts, da er zu diesem Zeitpunkt noch Eigentümer des Grundstücks war. Die Tochter erhielt einen Bescheid vom 06.05.2024 über eine Zurechnungsfortschreibung auf den 01.01.2023. Der Kläger erhob Einspruch gegen seinen Bescheid vom 31.03.2023, welcher jedoch am 29.11.2024 per Einspruchsentscheidung als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil es nach Ansicht des Finanzamts an der Beschwer des Klägers fehlte.

Das FG sah dies anders und erließ ein Zwischenurteil zugunsten des Klägers, um die bestehende Ungewissheit über die Zulässigkeit der Klage zu beseitigen. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid weiterhin in seinen Rechten verletzt. Daran ändere auch die Übertragung des Grundstücks nichts. Der Kläger sei auf den Stichtag 01.01.2022 derjenige Steuerpflichtige, dem in seiner Eigenschaft als Grundstückseigentümer der Gegenstand der Feststellung, also das Grundstück, zuzurechnen gewesen sei.

Dementsprechend sei er Inhaltsadressat des angefochtenen Bescheids. Dieser entfalte für ihn weiter Rechtswirkungen, obwohl ihm gegenüber auf der Grundlage der neuen Bewertungsvorschriften zukünftig keine Grundsteuer festgesetzt werde. Im Ergebnis bleibe der Kläger daher formell beschwert und könne als Feststellungsbeteiligter klagen.

Information für: Hausbesitzer
zum Thema: übrige Steuerarten

In einem Pilotprojekt geht die Hessische Steuerverwaltung derzeit der Frage nach, ob die Abgabe von Einkommensteuererklärungen durch automatisierte Veranlagungsvorschläge des Finanzamts ersetzt werden kann. Hierzu sendet das Finanzamt Kassel einer ausgewählten Gruppe von nicht steuerlich beratenen Bürgern einen Vorschlag für die Festsetzung der Einkommensteuer 2024 zu. In dem Vorschlag sind die Daten zusammengefasst, die dem Amt bereits aufgrund von gesetzlich verankerten Meldepflichten vorliegen - etwa über Lohn, Rente und Versicherungen.

Wer derartige Post vom Finanzamt Kassel erhält, muss den Vorschlag für die Festsetzung der Einkommensteuer nur noch prüfen. Sind die betroffenen Steuerzahler mit dem Vorschlag einverstanden, müssen sie nichts weiter unternehmen. Das Finanzamt Kassel sendet ihnen dann nach Ablauf einer Frist von vier Wochen automatisch einen Einkommensteuerbescheid 2024 zu. Sofern noch Ergänzungen oder Änderungen notwendig sind (z.B. Abzug von absetzbaren Kosten), können Steuerzahler diese innerhalb der Frist geltend machen.

Hinweis: Die Finanzverwaltung verspricht sich von dem neuen Verfahren eine verbesserte Bürgerorientierung, Bürokratieabbau und eine effizientere Arbeitserledigung in den Finanzämtern. Wenn das Pilotprojekt erfolgreich läuft, soll es weiter ausgebaut werden.

Information für: alle
zum Thema: übrige Steuerarten

Manche Fehler sind im Steuerrecht unverzeihlich, manche lassen sich jedoch im Nachhinein noch ausbügeln. Die Möglichkeit einer "Rolle rückwärts" hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun in einem Fall zugelassen, in dem es um die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns ging.

Geklagt hatten zusammen veranlagte Eheleute, die - abweichend vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft - die Gütertrennung vereinbart hatten. Hieraus ergab sich ein Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau, den der Ehemann vereinbarungsgemäß durch die Übertragung von GmbH-Anteilen erfüllte. Beide gingen davon aus, dass hierfür keine Einkommensteuer anfällt. Das Finanzamt sah in der Übertragung jedoch eine steuerpflichtige Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen, ermittelte einen Veräußerungsgewinn und setzte entsprechend Einkommensteuer fest.

Dieser Steuerzugriff veranlasste die Eheleute daraufhin, die notarielle Vereinbarung zu ändern, die Anteilsübertragung zu revidieren und stattdessen eine Geldzahlung und die Stundung des Ausgleichsanspruchs zu vereinbaren.

Das Finanzgericht erkannte die rückwirkende Änderung des Ehevertrags in erster Instanz an und erklärte, dass der Veräußerungsgewinn dadurch mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit entfallen war. Der BFH bestätigte nun diese Auffassung: Die Übertragung von GmbH-Anteilen im Rahmen eines Zugewinnausgleichs unter Ehegatten ist zwar grundsätzlich ein steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang, allerdings ist ein rückwirkender Wegfall des resultierenden Veräußerungsgewinns möglich, wenn die Übertragung aufgrund eines Irrtums über die steuerlichen Folgen rückabgewickelt wird und dieser Irrtum die Geschäftsgrundlage des Vertrags gebildet hatte.

Die Rückabwicklung kann steuerlich so behandelt werden, als wäre die Anteilsübertragung nie erfolgt, sofern der Irrtum von beiden Vertragspartnern geteilt wurde, er bereits bei Vertragsabschluss vorlag und in die Risikosphäre beider Vertragspartner fällt. Ein ausdrücklicher Hinweis im ursprünglichen Vertragstext ist dagegen nicht notwendig.

Hinweis: Auch wenn der BFH im vorliegenden Fall grünes Licht für eine Rückabwicklung gegeben hatte, bleiben die Voraussetzungen für die Anerkennung einer steuerlich rückwirkenden Änderung entsprechender vertraglicher Abreden streng und gelten weiterhin nur in Ausnahmefällen.

Information für: alle
zum Thema: übrige Steuerarten